29. Jan - 7. Feb. 2012: Guadeloupe
Unsere Atlantiküberquerung endet in Guadeloupe. Wir beide kennen diese Inseln - Guadeloupe ist eigentlich ein aus fünf Inseln bestehender Archipel - noch nicht und sind neugierig. Die Ansteuerung von Point-a-Pitre (im folgenden kurz „PaP") ist unsere erste Riffpassage. Die Bedingungen bei der Ansteuerung am frühen Morgen sind bestens, die Sonne steht in unserem Rücken, so dass wir die Untiefen gut sehen können. Ohnehin ist das Fahrwasser von PaP, das einen großen Handelshafen besitzt, gut betonnt und stellt keine besondere Schwierigkeit dar.
Dass PaP, die größte Stadt Guadeloupes, aus touristischen Gesichtspunkten nicht sonderlich attraktiv sein wird, lässt unser Revierführer schon erahnen, in dem es heißt: „Dieser Hafen wird vor allem von Weltumseglern mit langen Bärten im Gesicht und am Rumpf des Schiffes aufgesucht." Wir fühlen uns davon angesprochen, denn in der Tat müssen wir mal was gegen das Biotop unternehmen, dass sich Pagenas Rumpf als Lebensraum ausgesucht hat. Guadeloupe scheint uns dafür gut ausgerüstete Werften zu besitzen. Außerdem lassen sich unsere Schapps in französischen Supermärkten sicherlich mit allerlei Leckereien füllen.
Vor der "Bas du Fort Marina" befindet sich ein Ankerfeld, von dem aus man bequem mit dem Dingi in den Hafen reinfahren kann. Ankern ist hier kostenlos, in der Ostkaribik eine Seltenheit. Auch das Einklarieren kostet nichts und geht super schnell. Statt per Hand Formulare auszufüllen, die dann ein Beamter mühselig abtippen muss, tippt man hier selbst die Daten in einen Computer ein und ist in wenigen Minuten fertig. „Immigration" fällt nicht an, wir sind schließlich in Europa. Wir sind hochzufrieden.
In der Marina gibt es Dienstleister aller Art, vom Segelmacher über Motor- und Elektronik- bis zum Rigg-Spezialisten, eine ordentliche Werft und gut bestückte Ausrüster – alles was Seglers Herz begehrt. Joachim kann hier die Steuerung unseres Bugstrahlruders reparieren , feststellen lassen, warum der alte Pinnenpilot unterwegs den Geist aufgeben hat, Relingsbefestigungen für Solarpanels bauen und sein Schraubensortiment ergänzen. Die Erneuerung des Unterwasseranstrichs scheitert letztlich am Termin fürs aus dem Wasser kranen. Wir müssten mindestens zwei Wochen darauf warten, das ist uns zu lange hin.
Die Preise im kleinen Supermarkt der Marina sind gepfeffert: Ein Kopf Salat € 4, 1 kg Tomaten € 4,50, 1 L Orangensaft über € 2, ein Stück Camembert über € 5, ein kleines Rumpsteak um die € 10. Als wir eine Dose Sauerkraut mit Fleischeinlage für über 11 € entdecken werden wir vollends blass. Willkommen in der Karibik! Wir verlassen den Laden nur mit einem Baguette unter dem Arm und begeben uns auf die Suche nach anderen Supermärkten. Die folgenden Tage laufen wir erhebliche Strecken und vergleichen Preise. Es lohnt sich, verschlingt aber im Nu halbe Tage. Die alte Regel, dass Geld sparen Zeit kostet, bewahrheitet sich einmal wieder.
Nach einer Woche sind wir endlich so weit, dass wir Pläne für die Erkundung der Inseln schmieden können. Durch PaP laufen wir einmal durch und konstatieren, dass wir das nicht zu wiederholen brauchen. Die Stadt wirkt durch und durch verrottet und trostlos. Man hat das Gefühl, dass die Bewohner den Kampf gegen Feuchtigkeit, Schimmel, Rost, Sturm- und Wasserschäden aufgegeben haben und nur noch ein paar wenige arme Gestalten hier resigniert ein freudloses Dasein fristen. Doch es muss auch andere Ecken geben, sonst wäre Guadeloupe als Ferienziel nicht so beliebt. Außerdem ist bald ist Karneval. In der Touristen-Information in PaP bekommen wir bergeweise Informationsmaterial und lesen, dass es am kommenden Samstag einen Karnevals-Kostüm- und Tanz-Wettbewerb in „Saint-Claude" gibt. Den wollen wir unbedingt sehen.
Es ist unmöglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach „Saint-Claude" zu kommen, also brauchen wir einen Mietwagen. Wir wollen es anfangs kaum glauben, alle Autovermietungen um die „Bas du Fort Marina" herum sind ausgebucht. Am anderen Ende der Stadt lässt sich glücklicherweise noch ein Kleinwagen auftreiben.
„Saint-Claude" liegt auf „Basse-Terre", dem bergigen westlichen „Schmetterlins-Flügel" des Archipels. „Basse-Terre" ist mit einem der schönsten und am besten erhaltenen Regenwälder der Antillen überzogen und zum größten Teil Nationalpark. Ein gut ausgebautes Netz an beschilderten Wanderwegen macht die Entdeckung für Besucher einfach. Die Aussicht auf ein Bad in einem Pool unterhalb eines Wasserfalls verbunden mit einer schönen Wanderung zieht uns ohnehin nach „Basse Terre".
Wir fahren über die „Route de la Traversée" durch das Herz der Westinsel, folgen der Küstenstraße nach Süden und biegen in der Hauptstadt Guadeloupes, die wie die Insel selbst auch „Basse-Terre" heißt, nach „Saint-Claude" ab. „Saint-Claude" ist ein recht verschlafen wirkendes Nest, von dem aus ein kleines Sträßchen die Flanke des Vulkans „La Soufrière" bis zu den „Bains Jaunes" hinaufführt. Da am Ortsausgang ein Durchfahrt-verboten-Schild steht, trauen wir uns erst einmal nicht dort hochzufahren, obwohl auf der Karte der Touri-Info genau diese Straße als Zufahrtsweg verzeichnet ist. Als wir zig Autos beobachten, die das Schild einfach passieren, schließen wir uns an. Ein enges und kurvenreiches Sträßchen führt in den Regenwald hinein und verheißt eine spannende Wanderung.
Zur „Chute du Galion", einem nur von wenigen Touristen besuchten Wasserfall, laufen wir eine gute Stunde zu Fuß durch den Regenwald. Das Wort „Regenwald" bekommt hier fühlbare Bedeutung für uns: Anfangs ist der Weg noch befestigt, dann wir er immer matschiger. Jederzeit kann es hier kräftige Schauer geben und Wasser ist sozusagen allgegenwärtig. Immer mal wieder müssen wir kleine Wasserläufe überqueren. Nasse Füsse sind unvermeidlich, aber der Weg ist größtenteils sehr gut zu laufen. Man muss nur permanent aufpassen, wohin man seine Füße setzt. Angenehm kühl ist es auch. Die überbordende grüne Fülle, die die Natur hier hervorbringt, ist sagenhaft: Riesige Bäume, Palmen, Lianen, Farne, Baumfarne, Gummibäume, Philodendren und zahlreiche Blattpflanzen, z.B. die riesigen „Elefantenohren" - saftiges sattes Grün, soweit das Auge blicken kann. Im Nationalpark Guadeloupes, in dem wir uns befinden, werden 300 Baum- und Straucharten sowie 100 Orchideenarten verzeichnet. Und keinerlei giftige Tiere, wie schön!
Schließlich erreichen wir einen Flussabschnitt, von dem sich ein Blick auf den Wasserfall oberhalb des Laufs erhaschen lässt. Ein gemütlicher Platz, dessen große runde Kieselsteine zur Rast einladen. Wir entdecken aber, dass der Weg auf der anderen Seite des Flusses noch weitergeht. Mit Hilfe von Kletterseilen kraxeln wir ein paar glatte Steinflächen rauf und landen kurz darauf direkt unterhalb des Wasserfalls. Ein toller Anblick, wie das Wasser hier aus 40 Meter Höhe in zwei Stufen herunter fällt. Der Weg hat sich wahrlich gelohnt! Außer uns sind nur zwei andere Paare da, genau so hatten wir uns das vorgestellt.
Man könnte am Fuss des Wasserfalls auch baden, aber dazu ist es zu kalt. Am Ende des Rückwegs erwarten uns die mit warmem schwefelhaltigen Wasser gefüllten Becken der „Bain Jaunes", warum also frieren? Für uns auf Pagena hinsichtlich Warmwasser spartanisch ausgestatteten Segler sind die Becken ein hochwillkommener Genuß und genau der richtige Ort um uns von den Schlammspritzern des Regenwaldes zu befreien und ein entspanntes Bad zu nehmen.
Weil der Tag bislang so schön war können wir es gut verschmerzen, dass sich anschließend in „Saint-Claude" weit und breit kein Karnevals-Wettbewerb finden lässt. Es sind kaum Leute auf der Straße, nirgends ist auch nur ein kostümierter Mensch zu sehen und nirgends ist Musik zu hören. Dass man sich hier in hermetisch verschlossene Hallen zurückzieht um den Wettbewerb auszutragen ist unwahrscheinlich, zumal der Autovermieter in Point-a-Pitre schon erwähnt hatte, dass er noch nie etwas von einem Karnevals-Wettbewerb in Saint-Claude gehört habe. Sei's drum, es sind noch zwei Wochen hin bis zum eigentlichen Karnevals-Wochenende, wir werden schon noch eine schöne Veranstaltung finden.
Wir nutzen die Zeit, um auch der allenthalben gerühmten „Chute du Carbet", dem höchsten Wasserfall Guadeloupes einen Besuch abzustatten. Er ist in einer Viertelstunde auf befestigtem Weg leicht erreichbar. Am Wegende wurde eine Plattform gebaut, von der aus man den Wasserfall betrachten soll, aber ein Baum behindert die Aussicht erheblich. Da außer uns nur noch ein Pärchen da ist, das ebenfalls ins Flussbett runter geklettert ist, erlauben wir uns das auch. Wir müssen die Köpfe weit in den Nacken legen, um den 110 Meter hohen Wasserfall in seiner ganzen Pracht bewundern zu können. Wenn wir uns vorstellen, dass hier tagsüber eine Busladung nach der anderen hergekarrt wird, sind wir froh den Ort ungestört erleben zu können.
Am nächsten Tag fahren wir nach „Grande Terre", den östlichen Schmetterlingsflügel des Achipels. Der Charakter dieser Insel ist total anders als der des benachbarten Flügels vulkanischen Ursprungs. Grand Terre ist eine flache, aus Kreidestein bestehende sanft hügelige Insel, deren Landschaft ein wenig an Schleswig-Holstein oder Dänemark erinnert. Nur dass dort statt Zuckerrohr Mais wächst, die Kühe nicht einzeln irgendwo in der Landschaft zum Grasen angebunden werden und dass dort keine Palmen und Mangroven wachsen.
Grand Terres Gesicht ist schmuck und lieblich. Die Ortschaften wirken gepflegt, hier stehen schöne Häuser inmitten blühender Gärten, hier lässt es sich offensichtlich gut leben. Von Port-Louis aus, einem netten kleinen Fischerort machen wir eine kurze Wanderung durch Zuckerrohrfelder hindurch, an alten Windmühlen vorbei und gelangen auf sonnigen Wegen schließlich zu einem Mangrovenwald, der an der Küste der „Grand Cul du Sac Marin" endet.
Hier stand früher mal eine große Zuckerrohrfabrik, ein paar Ruinen zeugen noch von einer vergangenen Epoche. Einer der beiden Fischer, mit denen wir uns dort unterhalten erinnert sich noch gut daran. Er erklärt uns genau wie es hier früher einmal ausgesehen hat. Der andere ist ein französischer Physik-Professor a.D., der sich vor einem halben Jahr auf Guadeloupe zur Ruhe gesetzt hat.
Als wir ihm erzählen, dass wir morgen früh, nachdem wir die Rivière Salée, den Salzwasserarm, der „Basse Terre" von „Grande Terre" trennt durchfahren haben, genau hier mit dem Schiff vorbeikommen werden, ist er ganz aus dem Häuschen. Er hat sich kürzlich ein kleines Boot zum Fischen bestellt und rätselt noch, warum seine auf der Seekarte mittels Kompasskursen ermittelten Positionen nicht mit den Positionen übereinstimmen, die sein Hand-GPS meldet. Wir erklären ihm Missweisungen und Kartendatum und das leuchtet ihm ein. Das Wissen ist wichtig für ihn, denn das Gebiet in dem er fischen will ist mit Untiefen gespickt, die sich trügerisch unter der weiten glatten Wasseroberfläche verbergen. Er gibt uns Ratschläge, worauf wir bei der Durchquerung achten sollen, beglückwünscht uns zu unserer Reise und kommt ins romantische Schwärmen, als ihm bewusst wird, wie viel Zweisamkeit wir genießen können. Eine nette Begegnung!
Auf dem Weg zur Südküste Grand-Terres durchqueren wir die erodierte und verkarstete Landschaft „Grands Fonds". Hier erheben sich vereinzelt Kalkhügel und Kalkplateaus bis auf 136 Meter Höhe. Die Deshautes dagegen bilden tiefe Senken und Täler weit unter dem Meeresspiegel. Im lebhaften Ferienort „Sainte-Anne" stoßen wir auf einen herrlichen weißen Sandstrand, an dem die Sonnenbadenden unter Palmen und Bäumen schattige Plätzchen finden. Das Wasser der Lagune ist klar und seicht, gut geschützt durch ein Korallenriff. Ein Paradies zum Baden. Im ersten Moment stößt uns der Anblick der vielen Menschen, die hier versammelt sind, ab, aber beim zweiten Hinsehen finden wir den Ort und den Strand doch ganz hübsch.
Am Spätnachmittag, als wir das Auto zurückgeben müssen und Pagena vor die Einfahrt in die Rivière Salée legen wollen, komme ich überraschend ins Schwitzen. Wir haben vor das Auto an der „Bas du Fort Marina" abzustellen, mit dem Dingi raus zu Pagena fahren und zusammen per Schiff zur Tankstelle zurück in die Marina kommen. Dort gehe ich von Bord, hole das Auto und fahre damit ans andere Ende der Stadt zur Mietwagenstation. Keine 100 m von ihr entfernt gibt es einen Anlegesteg, wo Joachim mich wieder einsammelt. So der einleuchtend klingende Plan. Die Tankstelle liegt auf der rechten Seite der Marina, hinter ihr befindet sich noch ein recht großes Lagunenbecken, in dem ebenfalls Stege der Marina sind. Um dieses Becken muss ich vermeintlich herum laufen. Was uns beiden beim Schmieden des Planes jedoch nicht klar ist, ist, dass es um die Lagune herum gar keinen Weg zurück zur anderen Hafenseite gibt. Ich habe keine andere Wahl als einen längeren Fußmarsch über die gesamte Bas-du-Fort Halbinsel anzutreten. Statt 50 Meter über's Wasser von der Tankstelle rüber zum Hafenbüro werden es zu Fuß außen herum ca. 5 km bis ich wieder am Auto bin. Obwohl ich zwischendurch ein paar Kilometer jogge ist klar, dass wir es nicht schaffen werden, vor 18 h noch bei Tageslicht Anker zu werfen. So ein Mist!
Joachim ist richtig stolz, dass er Pagena alleine gut zum Steg bringt und dort festgemacht. Sehr zum Ärger von ein paar Anglern, die hier normalerweise ungestört an Sonntagabenden ihrem Vergnügen nachgehen. Da Joachim kein Französisch versteht, und die Jungs kein Englisch sprechen, erübrigt sich eine Diskussion, außerdem ist eh Platz genug für alle da. Das Becken ist ganz schön flach, wir sind wieder einmal mehr als froh über Pagenas variablen Tiefgang. Bei der Ansteuerung des Steges steckt Pagena einmal kurz mit dem Schwert im Sand, kann aber durch Anheben desselbigen gleich wieder freikommen. Ist halt einfach ein geniales Schiff, so eine Ovni!
Kurz nach 18 h treffe ich, schon wieder im Laufschritt, endlich am Steg ein. Zwei Minuten später legen wir ab und erreichen zwanzig Minuten später den Ort, wo wir die Nacht verbringen wollen. Praktischerweise ankert dort schon eine andere Yacht, so dass es auch bei Dunkelheit einfach ist, uns bei Windstille und ohne jegliche Strömung daneben zu legen.
Um in den Salzwasserarm zu gelangen, müssen wir unter einer Hubbrücke durch, die nur einmal täglich öffnet, und zwar früh um fünf, weil eine stark befahrene Autobahn über die Brücke führt. Bis zur zweiten Brücke, die uns in den nördlichen Teil des Rivière Salée entlässt, haben wir dann dreißig Minuten Fahrtzeit zur Verfügung.
Die Crew der Yacht, neben der wir geankert haben, geht schon um Viertel vor Fünf ankerauf und schippert dann notgedrungen eine Viertelstunde lang nervös vor der Brücke auf und ab. Hinter uns hat sich noch ein Katamaran eingefunden, der sich in respektablen Abstand hält. Punkt fünf Uhr öffnet sich die Brücke und wir fahren rein ins Abenteuer. Der Salzwasserarm hat nur eine schmale Fahrrinne und misst an manchen Stellen nur 1,60 Meter Wassertiefe. Die Abstände, in denen die Fahrwassertonnen blitzen, dürften für unseren Geschmack ruhig etwas kleiner sein. Schade dass wir in der Dunkelheit nichts von den Mangroven am Ufer und den darin schlafenden Vögeln sehen.
Nachdem auch die zweite Brücke passiert ist, werfen wir im Rivière Salée erst mal Anker, machen uns Frühstück und warten auf den Tagesanbruch. Als erstes erwachen die Mücken und versuchen umgehend begeistert, das Innere unseres Schiffes zu erobern. Es sind winzige, kaum sichtbare Mücken, sogenannte Nounous, die uns gewaltig plagen. Glücklicherweise haben wir ein großes Moskitonetz dabei, mit dem wir den Niedergang zuhängen können. Dann aber gleiten große Schwärme weißer Vögel im Formationsflug dicht über die Wasseroberfläche an uns vorüber, ein Schwarm nach dem anderen. Um die zu beobachten müssen wir raus und ein paar Mückenstiche in Kauf nehmen. Egal, Malaria gibt's hier keine, wir werden das Jucken schon überleben. Der Anblick der Vögel ist jedenfalls toll.
Mit dem ersten Licht fahren wir weiter. Die richtig anspruchsvolle Passage durch die ganzen Untiefen des weiten Wasserbeckens der Bucht von „Cul du Sac Marin" beginnt nämlich erst nach dem Verlassen des Rivière Salée. Die Fahrwasserrinne führt in einer wilden Zickzacklinie auf das Außenriff zu, über dem sich die Wellen alarmierend mit viel weißer Gischt brechen. Die Seezeichen bieten Vögeln beliebte Rastplätze. Ungerührt sitzen sie da und lassen sich fotografieren. Ein schöner Pelikan kommt uns wunderbar im Flug vor die Linse. Auch ein paar verrückte Wellenreiter treiben sich hier draußen in der wilden Brandung rum. Respekt, wir sind froh, als wir das Riff durch eine schmale Passage unbeschadet verlassen haben.
Im Bogen geht es um „Grande Terre" herum, an der bei vielen Seglern beliebten Ankerbucht von „Deshaies" und dem Tauchparadies „Reserve Cousteau" vorbei Richtung Süden. Unser nächstes Ziel ist die kleine Insel „Terre-de-Haut", eine der zu Guadeloupe gehörenden „Iles des Saintes". Um die sechzig Seemeilen an einem Tag zu schaffen, sind wir den ganzen Tag als Motorsegler unterwegs. Die letzten neun Seemeilen von der Südspitze Grand Terres rüber in die „Anse du Bourg" müssen wir hart am Wind gegenan knüppeln und kommen gegen die raue See nur langsam voran. Dennoch schaffen wir es plangemäß vor Einbruch der Dunkelheit anzukommen und Anker zu werfen.
Am nächsten Tag gehen erkunden wir die kleine charmante Insel zu Fuß. Irgendwo stand geschrieben, dass Terre-de-Haut die wahrscheinlich schönste Karibikinsel ist. Ob es nun die schönste ist oder nicht, die wie aus dem Bilderbuch geschnittene Insel ist jedenfalls einen Aufenthalt wert! Alles ist sauber und gepflegt, auf die Umwelt wird hier mehr geachtet als auf den Hauptinseln. Im farbenfrohen Örtchen warten schöne Läden und gemütliche Restaurants auf Kundschaft, die meist per Schiff als Tagesausflügler von PaP aus herüber kommen. Die bunt angemalten Häuser sind fast alle mit den für die Karibik typischen Bordüren an den Dachtraufen versehen, jedes Haus hat ein eigenes Motiv: Kolibris, Delfine, Lilien, Ornamente - der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Eine wunderschöne Palmengesäumte Bucht im Norden der Insel lädt zum Schwimmen ein und wäre auch eine schöne Ankerbucht, die wir ganz für uns alleine hätten. Davon müssen wir unseren Ovni-Freunden aus Mindelo, die möglicherweise nach uns hier her kommen, unbedingt berichten. Ansonsten wirkt die ganze Insel wie ein großer Bauernhof. Auf großzügigen Weiden sind Kühe mit ihren Kälbern, Hennen mit ihren Küken und Ziegen mit ihren Lämmern gemeinsam unterwegs, halbwilde Ziegenherden ziehen durchs Gebüsch und am Strand entlang. Immer mal wieder sucht ein Lämmchen heftig meckernd seine Mutter, die es aus den Augen verloren hat. So ähnlich muss es im Paradies ausgesehen haben. Autos gibt es auf der gesamten Insel nur wenige, die meisten Leute sind per Roller, mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs. Ein Spaziergang auf die Höhenrücken der Insel eröffnet uns fantastischen Ausblick auf die vielen kleinen Buchten der zerklüfteten Inseln. Wirklich ausgesprochen schön hier.
Nach zehn Tagen Guadeloupe ziehen wir das Fazit, dass die Inseln unglaublich vielfältige Reize haben. Französisch zu sprechen ist von unbedingtem Vorteil – wie überall in Frankreich – aber auch so ist Guadeloupe eine Reise wert!