6. Nov. 2011 – 10. Jan. 2012: Reisebericht Kapverden

Überfahrt von La Palma, Kanarische Inseln nach Sal, Kapverdische Inseln

 

Unsere Überfahrt von La Palma auf die Kapverden verläuft ruhig und angenehm. Acht Tage lang justieren wir lediglich hier und da mal die Windfahnensteuerung oder die Segelstellung, damit wir uns auf unserer Kurslinie von 210° Stück für Stück unserem Ziel nähern. Am Horizont sichten wir in dieser Woche ein einziges Mal ein anderes Segelboot, das AIS zeigt uns in großer Entfernung gerade mal drei oder vier andere Schiffe an, viel ist nicht los in diesem Seegebiet.

 

Dafür wird uns das erste Anglerglück hold. Nach zwei kleinen Yellowmouth-Barracudas beißt endlich auch mal ein für die Pfanne geeigneter Fisch an, eine wunderschöne Gelbschwanzmakrele (Yellowtail kingfish), wie wir nach Konsultation unserer diversen Fischbestimmungsbücher annehmen. Der Fang beschert erst mal Arbeit: Den Fisch mit einem Schuss Wodka in die Kiemen in die „ewigen Jagdgründe" schicken, Art und beste Form der Zubereitung bestimmen und fürs Kochen vorbereiten. Damit sind wir Angler-Novizen gut und gerne zwei Stunden beschäftigt. Belohnt wird die Mühe durch eine köstliche Mahlzeit.

 

Nach sieben Nächten taucht in der Morgendämmerung die Insel Sal vor Pagenas Bug auf, die flache Wüsteninsel, die nach ihrem ehemaligen Haupterzeugnis Salz benannt ist. Sal ist die nordöstlichste der neun bewohnten kapverdischen Inseln.

 

Über die Kapverden

 

Die Inselgruppe liegt ca. 1500 km südlich der Kanaren und 600 km westlich von Dakar/Senegal. Sie ist vulkanischen Ursprungs. Verwaltungstechnisch werden die Inseln in zwei Gruppen unterteilt: die nördliche und die südliche Inselgruppe, mit kleinen Unterschieden in den Kulturen und der Sprache (Kriolu). Ebenso wie die Kanaren haben die einzelnen Inseln sehr verschiedene Gesichter: Das Spektrum reicht von flachen Wüsteninseln mit Dünenlandschaften bis hin zu grünen, bergigen Wanderparadiesen, von beschaulichen Dörfern, in denen jeder jeden kennt, bis hin zu quirligen Großstädten. Seit 1975 ist Cabo Verde eine unabhängige demokratische Republik, davor gehörten die Inseln zu Portugal. Über lange Zeit hat sich hier afrikanische mit portugiesischer Kultur vermischt, weshalb es manchmal heißt, dass die Kapverden eine Art „Afrika light" wären. Bis vor wenigen Jahren galt der Archipel als eines der ärmsten Länder der Welt. Heute ist er ein aufstrebendes Entwicklungsland mit mittlerem Einkommen, das internationale Investoren derzeit in Goldgräber-Stimmung versetzt...

 

Ankunft auf Sal: Im ruhigen Hafen von Palmeira vor Anker

 

Palmeira ist ein bei Seglern sehr beliebter kleiner Fischerhafen, einer der drei Einklarierungshäfen der Kapverden, d.h. Segler können hier eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Auf dieser Reise ist Palmeira unsere erste Berührung mit Afrika. Die meisten Menschen hier sind farbig. In Palmeira leben sie überwiegend vom Fischfang. Am Hafen stehen ein paar kleine Souvenirläden, die versuchen afrikanisches Kunsthandwerk vom Kontinent an Touristen zu verkaufen die täglich besuchsweise für einen kurzen Moment in Palmeira einfallen. In winzigen Gemischtwarenläden werden Konserven angeboten, Obst und Gemüse wird auf der Straße verkauft. Hinter dem kargen Strand verdecken ein paar Akazien notdürftig die großen Öltanks und der trocken-rauchig-würzige Geruch Afrikas liegt in der Luft. Sammeltaxis, sogenannte „Aluguers" verbinden Palmeira mit Espargos, der ca. 6 km entfernten Inselhauptstadt.

 

In Palmeira erleben wir: wer stempeln darf hat Macht, wer nicht stempeln darf, guckt fern... Die jungen Beamten auf Palmeiras Polizeistation tun uns leid. Alle Nase lang kommen ein paar Segler vorbei und wollen einklarieren. Es ist aber höchst ungewiss, wann das nächste Mal jemand der Visa erteilen darf, vorbeikommt und die Pässe abstempelt. Es bleibt ihnen also nichts anderes übrig, als die mehr oder weniger geduldig wartenden Segler für die nächsten paar Stunden oder bis zum nächsten Tag zu vertrösten. Darüber hinaus gibt es nichts für sie zu tun. Also sehen sie auf einem stark grießelnden alten Röhren-TV Cartoons oder Sport an, eine Beamtin lernt Englisch. Wir werden insgesamt vier Mal gebeten, später nochmal vorbeizukommen. Dann platzt Joachim der Kragen, schließlich haben wir nicht alle paar Stunden Lust, auf Gutdünken hin mal wieder der Polizeistation von Palmeira einen Besuch abzustatten. Auf Joachims Protest sowie den Hinweis eines anderen Seglers hin, dass er notfalls auch ohne Stempel aus Palmeira nach Mindelo weiterreisen wird, kann ein beherzter Polizist einen der „mächtigen Stempel-Bevollmächtigten" dazu bewegen, vom Flughafen in Espargos in die karge Amtsstube nach Palmeira zu kommen. Eine Stunde später sind alle Formalitäten erledigt, endlich.

 

Das Ankerfeld in Palmeiras Hafen ist gut besucht, es liegen ca. fünfundzwanzig Segelboote hier, überwiegend kleine, sympathisch wirkende Schiffe: viele Franzosen und Engländer, einige Skandinavier und auch ein paar Deutsche. Schon bald kommt der erste Besuch zu uns rüber geschwommen. Die Atmosphäre ist herzlich und unkompliziert, hier fühlt sich die viel beschriebene „Segler-Gemeinde" tatsächlich wie eine Gemeinschaft an. Mal wieder erweitert sich unser neuer Bekanntenkreis um ein paar nette Menschen, mal wieder erfahren wir von erstaunlichen Lebensläufen und Segelvorhaben. Andreas und Petra, kaum älter als wir, sind schon seit vier Jahren segelnd unterwegs, unterbrechen aber jedes Jahr für sechs Monate und fahren danach wieder weiter. Camille und Laure, zwei junge Belgierinnen sind alleine mit ihrem kleinen Aluminium-Schiff unterwegs und kommen gerade begeistert aus dem Senegal. Kirsten überführt gar einhand, also ganz alleine, ein altes aus Ferrozementschiff von Portugal nach Südafrika. Ann und Udo wollten eigentlich nur zwei Wochen die Kapverden besuchen, cruisen nun aber schon acht Monate zwischen den Inseln umher und kommen immer wieder nach Palmeira zurück.

 

Obwohl es auch uns im beschaulichen Palmeira gut gefällt, beschließen wir, als wir endlich die Stempel in den Pässen haben, Pagena in den Süden von Sal, nach Santa Maria zu verlegen. Dort gibt es Tauchschulen, wo Joachim tauchen lernen kann und dort stehen die Hotels, mit deren Managern wir in Sachen COPLARE sprechen möchten. Auch wenn Sal nicht besonders groß ist, ohne Auto wäre es schwer, täglich zwischen Palmeira und Santa Maria hin und her zu pendeln.

 

Aluguer-Fahren

 

Sammeltaxis ersetzen auf den Kapverden öffentliche Busse, die sich hier nicht rentieren würden. Wie der Name schon sagt sammeln Taxis ihre Mitfahrer ein und fahren erst los, wenn sie voll sind. Auf Sal gibt es Verbindungen zwischen Palmeira und Espargos sowie zwischen Espargos und Santa Maria. Die Fahrer rufen ständig das Fahrtziel aus dem Fenster ihrer Kleinbusse oder Pick-ups, ein Helfer läuft auf der Straße rum und fragt alle Passanten, ob sie nicht zufällig gerade dorthin wollen. Sobald jemand auch nur mit der Augenbraue zuckt, wird er aufgefordert im Aluguer Platz zu nehmen, das angeblich sofort losfahren wird. Natürlich fährt es niemals „sofort" los und wenn doch, dann nur eine Runde durch die Stadt, um weitere Mitfahrer zu finden. Bei unserem ersten Versuch Aluguer zu fahren lernen wir, dass man niemals als Erste in ein Aluguer einsteigen darf, da es ewig dauern kann, bis es voll wird. Wenn in einem anderen Aluguer schon mehr Leute sitzen als im eigenen, wird das andere immer schneller seine restlichen Plätze los und fährt einem vor der Nase davon. Wichtig ist auch, an welcher Stelle im Ort man ins Aluguer einsteigt. Daran zeigt sich gleich, ob man zu den Eingeweihten oder zu den Anfängern gehört. Wann man sein Ziel mit dem Aluguer erreicht ist ungewiss, wer es eilig hat, muss Taxi fahren. Das kostet dann aber etwa so viel, wie wenn man für alle Plätze im Aluguer bezahlt hätte. Als wir die Verhaltens-Regeln begreifen, bekommen wir richtig Spaß am Aluguer-Fahren.

 

Die touristische Seite von Sal: Santa Maria, ein höchst rolliger Ankerplatz vor dem Traumstrand

 

In Santa Maria ankern nur wenige Yachten. Der Ankergrund ist gut, aber es gibt keine Bucht, die Schutz vor Seegang bieten würde und vom Dingi aus kommt man nur an Land, wenn man aus dem teilweise heftig in den Wellen tanzenden Dingi auf eine Edelstahlleiter klettert, über die man hoch zum Fischersteg gelangt. Das ist nicht jedermanns Sache. Auch nicht, in einem (fast) immer stark schwankenden Schiff im Cockpit verkeilt oder in stabiler Seitenlage zu schlafen, nie vergessen zu dürfen, einen Gegenstand, der nicht runterfallen soll, ausschließlich auf einer rutschfesten Unterlage abzustellen oder sonst wie zu sichern usw. Aber der Ausblick auf den weitläufigen Sandstrand, wunderbar klares türkisfarbenes Wasser, bunte Fischerboote, dezent hinter Palmen gelegene, kaum sichtbare Hotels und den belebten Steg ist traumhaft. Und Joachim kann von hier aus bequem zur Tauchschule schwimmen.

 

Santa Maria ist das Zentrum des kapverdischen Tourismus. Wir erwarten eigentlich einen Ort, der den Touristen-Hochburgen auf den Kanaren ähnelt und werden angenehm überrascht. Die einzige Bettenburg, das Hotel Riu, liegt außerhalb des Ortes und erstreckt sich mit hübschen flachen Bauten auf großer Fläche, aber nicht in die Höhe. Alle Gebäude in Santa Maria haben maximal drei Stockwerke, noch ist es ein beschauliches Örtchen. Leider stehen ziemlich viele Bauruinen rum, die Finanzkrise hat wohl auch hier einiges zum Stillstand gebracht. Aber an vielen Stellen sehen wir, wie der Ort architektonisch und städtebaulich mit großem Generalplan weiterentwickelt wird. Tolle Sandstrände, stete Winde, gute Wellen und eine intakte farbenprächtige Unterwasserwelt machen Santa Maria zum Hotspot der Wind- und Kitesurfer-Szene sowie zum Paradies für Taucher und Strand-Urlauber. Eine Handvoll Bars, Restaurants, Cafés und Eisdielen laden zur Einkehr ein. Sehr angenehm fällt uns auf, dass die Leute hier Besuchern sehr freundlich und offen begegnen. Hoffentlich treffen sie nicht zu viele Idioten und schaffen es, sich die freundliche Wesensart zu bewahren.

 

Zentraler Kontaktpunkt in Santa Maria ist der Steg, hier treffen alle Gruppen aufeinander: Fischer bringen hier ihren Fang an Land, Touristen sehen ihnen beim Ausnehmen zu. Ausflugsboote und Tauchschule bringen vom Steg aus ihre Kunden zu Wasser, Segler „parken" ihre Dingis an langen Leinen inmitten der Fischerboote und die Fisch- und Souvenirverkäufer warten auf Kundschaft. Im bunten Trubel herrscht freundliches Miteinander. Mit einem Kauderwelsch aus Kriolu, Englisch, Französisch und Portugiesisch sowie mit Händen und Füßen klappt die Verständigung stets. An der Leiter des Stegs wird uns immer eine Hand gereicht, um eine Leine anzunehmen, eine Tasche abzunehmen etc. Wir fühlen uns ausgesprochen wohl hier. Daher macht uns auch der rollige Ankerplatz recht wenig aus. Nach jeder besonders heftigen Nacht sagen wir uns zwar, dass es jetzt bald reicht und dass wir bald weiterfahren, hängen dann aber doch noch ein paar Tage dran.

 

Die arme Seite von Sal: Besuche in Terra Boa

 

Nur die Touristen, die eine deutschsprachig geführte Inseltour bei Anne Seiler buchen, lernen auch die andere Seite des Investorenbooms kennen: Wohnen und Leben in Santa Maria und Espargos ist durch den Tourismus so teuer geworden, dass nicht alle Einheimischen es sich noch leisten können. Und trotz des Tourismus ist die Arbeitslosigkeit nach wie vor hoch. Nicht alle Familien schaffen es aus der Armut heraus. So landen sie in Terra Boa, einer nicht an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossenen Barracken-Siedlung im Landesinneren, 3 km nördlich von Espargos. In Terra Boa muss Wasser zum Waschen und zum Trinken literweise gekauft und Kanister-weise (ohne Auto) transportiert werden, entweder aus dem von Anne finanzierten Tank in Terra Boa oder aus Espargos, wenn Terra Boa selbst mal wieder nicht mit Frischwasser beliefert wurde. Auf einer Insel, die über keinerlei Süßwasser verfügt, ist Trinkwasser ein kostbares Gut, das bislang nicht immer und überall in ausreichender Menge verfügbar ist. Auf Sal wird es aufwändig durch Meerwasserentsalzungsanlagen gewonnen. Aufgrund des Wassermangels kann auch kaum etwas angebaut werden. Obst und Gemüse müssen importiert werden, sind teuer und für die Bewohner Terra Boas unerschwinglich. Selbst die Versorgung von Vieh ist schwierig. Strom wird in Terra Boa durch einige kleine tragbare Generatoren erzeugt. Wegen der schlechten Energieeffizienz der Generatoren und weil Benzin hier so teuer ist, kostet der so erzeugte Strom dann drei- bis viermal so viel wie in Deutschland. Für die in dieser Armuts-Siedlung hausenden Menschen sind das die Gegebenheiten, unter denen sie derzeit 76 Kinder aufziehen. Annes Gäste können sich ein Bild davon machen, wenn sie Terra Boa besuchen.

 

Anne, die von sich selbst sagt, dass sie keine ausgebildete Entwicklungshelferin ist und sicher nicht alles perfekt macht, kümmert sich mit enormem persönlichem Engagement um die Kinder und versucht zu helfen, wo immer es geht. Vor allem sorgt sie dafür, dass die Kinder regelmäßig zur Schule gehen können, organisiert medizinische Hilfe und vermittelt Patenschaften. Anne nimmt uns mehrfach mit nach Terra Boa. Stolz zeigt sie uns ein paar Kinder, die es schon auf das Gymnasium geschafft haben. Nachdem wir unsere anfängliche Beklemmung verloren haben, fühlen wir uns unter den Menschen, denen wir hier begegnen, sehr wohl und spüren, wie viel Hoffnung sie in uns und andere weiße Besucher setzen. Wir wünschen uns sehr, dass Annes Arbeit Früchte trägt und dass die Kinder von Terra Boa im Leben Chancen bekommen! Mehr Infos unter www.annes-insel-info.de

 

Nach drei Wochen verlassen wir Sal und segeln weiter nach Tarrafal, São Nicolau

 

Tarrafal gilt als die schönste Ankerbucht der Kapverden. Der Hafen hier beschränkt sich auf einen Anleger für die großen Fischerboote und die Autofähre, die São Nicolau mit Mindelo/São Vicente verbindet. São Nicolau ist vom Tourismus kaum berührt. Die Ortschaften wirken gepflegter als auf Sal, auch den einfachen Leuten scheint es hier besser zu gehen. Grandiose Berglandschaft macht den besonderen Charme der Insel aus. Auf alten Saumpfaden wandert man zwischen urweltlichen Drachenbäumen und bizarren Felsformationen inmitten herrlich grüner Landschaften. Weil diese Insel höher ist, bleiben die Passatwolken an den Bergen hängen und bescheren Feuchtigkeit. Im Inselinneren gibt es einige abgelegene Weiler, die wie eh und je nur zu Fuß bzw. per Maultier zu erreichen sind.

 

Wir machen zwei wunderschöne Wanderungen auf São Nicolau. Auf alten Pflasterwegen begegnen wir Frauen, die ihre Waren kilometerweit steile Wege hinauf und hinab auf dem Kopf tragen, einer Horde fröhlicher Schulkinder, die uns neugierig abpassen, Männern, die mit Mauleseln den Ertrag ihrer Felder aus der fruchtbaren Fajã-Ebene in den trockeneren Teil der Insel transportieren. Beim Anblick der üppigen Vegetation im Inselinneren von São Nicolau denken wir mitleidsvoll an die fast verhungerte Kuh, die wir in Terra Boa gezeigt bekamen.

 

Mitte Dezember erreichen wir Mindelo auf São Vicente

 

São Vicente ist quasi identisch mit Mindelo, 98% der Inselbevölkerung, 70.000 Menschen leben in der lebhaften Hafenmetropole, die noch immer von ihrem legendären Ruf als ehemaliges Zentrum des Nachtlebens der Kapverden zehrt. Wir erleben Mindelo als quirlige Hafenstadt in der die zahlreichen Segler anonyme Besucher bleiben.

 

Wer die Kapverden kennenlernen will, muss aufmerksam die Märkte besuchen, z.B. den Fischmarkt. Tagsüber vertreiben sich die Fischer neben der Markthalle ihre Freizeit beim Kartenspiel, während drinnen die Frauen den Fang des Tages feilbieten. Es gibt herrlich frischen Thunfisch, Goldmakrelen, Schwertfische, Doraden und viele andere Arten zu kaufen. Anders als in der Karibik bezahlen Touristen hier denselben Preis wie einheimische Käufer.

 

Wir lernen, dass es in Mindelo (fast) alles gibt, was das Herz begehrt, aber nicht immer und nicht überall. Nach ein paar Tagen in der Stadt kennen wir uns schon aus und wissen in welcher Reihenfolge wir die Marktstände, die Straßenverkäufer und die Supermärkte auf der Suche nach einem bestimmten Gemüse, einem bestimmten Gewürz oder ein paar Eiern abklappern müssen.

 

Im Hafen von Mindelo treffen wir zu unserer Freude einige Bekannte wieder, die wir von den Kanaren her kennen. Wir sehen hier aber auch auffallend viele Segler, die offensichtlich nur gerne in Bars gehen, in denen sie unter sich sind. Begeistert berichten sie uns von einem Supermarkt in der Stadt, im dem alles „wie Daheim" ist. Wir haben den Eindruck, dass sie ein Stück Heimat in der Fremde suchen und verstehen nicht ganz, weshalb sie eigentlich unterwegs sind.

 

Wir dagegen freuen uns, wenn wir eine Gelegenheit finden, die Fremde zu erkunden und Orte besuchen können, an denen sich überwiegend Einheimische treffen. Ganz nach unserem Geschmack war z.B. der „Cha Cultural" (Kultur-Tee) am Sonntagnachmittag im Centro Cultural, direkt gegenüber vom Yachthafen. Zum Gitarren-Konzert von „Nely" im Innenhof des Centro Cultural gibt es allerlei lokale kulinarische Köstlichkeiten vom Buffet, die wir nach Gusto probieren können. Nely, die mit ihren langen schwarzen Locken ein wenig an Katie Melua erinnert, hat eine tolle Stimme und könnte sicher auf einem Festival wie dem SWR 3 New Pop Festival Gefallen bei einer breiten Hörerschaft finden.

 

Eine andere Gelegenheit um hiesige Bräuche und Flair zu erleben, bietet Silvester. Nachdem wir über Weihnachten für einige Tage nach Hause fliegen, sind wir pünktlich zur Silvesterparty wieder zurück in Mindelo. Von unserem Liegeplatz aus genießen wir beste Panorama-Sicht auf das große öffentliche Feuerwerk. Privates Feuerwerk gibt es nicht, aber wir sehen ein paar Seenotsignale rot leuchtend vom Himmel schweben. Als das Feuerwerk zu Ende ist ziehen wir mit Freunden zum Live-Konzert auf die nahe gelegene Rua Lisboa. Hier ist richtig was los, Jung und Alt feiern und tanzen fröhlich ins neue Jahr, allerdings unter strenger polizeilicher Bewachung. Die Musikbeschallung im Yachthafen hält bis zum Morgengrauen an, was uns in dieser Nacht allerdings nicht stört.

 

Zum Abschluss unseres Kapverden-Aufenthalts besuchen wir die Insel Santo Antão

 

Mit der Fähre fahren wir rüber nach Santo Antão, der grünsten der Kapverdischen Inseln. Sie ist nur 45 Minuten von Mindelo entfernt. Die wirklich grüne Ecke der Insel befindet sich im Norden. Wir haben in Ponta do Sol, dem Eldorado der europäischen Wanderer, ein Zimmer in einer kleinen Pension gebucht. Ponta do Sol ist ein kleiner, auf einer hübschen Landzunge gelegener sehr ruhiger Ort, der für uns eine willkommene Abwechslung zu Mindelo ist.

 

Schön ist, dass wir von Erik und Sol, zwei Ovni-Seglern aus Spitzbergen begleitet werden. Gemeinsam machen wir zwei wunderbare Wanderungen. Am zweiten Tag stößt sogar noch ein weiteres deutsches Paar aus unserer Pension zu uns. Zu sechst macht Wandern doch einfach mehr Spaß als zu zweit.

 

Anfangs können wir uns nicht vorstellen, dass Santo Antão noch schönere Ecken hat als São Nicolau. Aber dann verschlägt uns das, was wir zu sehen bekommen, doch den Atem. Von waghalsig über Berggrate gebauten Straßen aus eröffnen sich spektakuläre Ausblicke und seit langem wandern wir mal wieder im Schatten von Bäumen. Die Vegetation reicht von mediterran anmutenden Kiefern auf der Höhe über subtropische bis hin zu tropischen Pflanzen wie z.B. Brotfruchtbäumen und Kokospalmen. Im Paul-Tal gedeiht fast alles, Wasser ist ausreichend vorhanden.

 

Natürlich probieren wir auch die lokalen Spezialitäten, Grogue und Punsch, die hier aus Zuckerrohr hergestellt werden und sich allgemein großer Beliebtheit erfreuen. Und auf Santo Antão gibt es Ziegenkäse, der das ansonsten recht karge Käseangebot der Kapverden angenehm ergänzt.

 

Damit nähert sich das Ende unseres Kapverden-Aufenthalts, obwohl wir immer noch nicht alle sehenswerten Inseln besucht haben. Nach drei schönen Tagen auf Santo Antão fahren wir zurück nach Mindelo und beginnen uns auf die Atlantiküberquerung vorzubereiten. Von Mindelo aus ist die Karibik in knapp drei Wochen erreichbar. Wir freuen uns riesig auf diese Zeit, in der wir hoffentlich die ganzen Erlebnisse der vergangenen Wochen etwas sacken lassen können.

 

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