Reisevorbereitungen
Februar 2011
Windgeschichten, oder womit wir den Februar zugebracht haben
Obwohl der Februar nur 28 Tage hat, sind wir gut mit den Reisevorberei-
tungen vorangekommen. Unter anderem haben wir einen dritten Mann ange-heuert: „Pedro". Einstellungskriterien: „Unermüdlich, bei Bedarf Tag und Nacht am Ruder, kommt mit jedem Wind, Wetter und Seegang zurecht, deckt seinen Energiebedarf ausschließlich aus bewegter Luft, arbeitet lautlos, mault und friert nicht und hat haufenweise beste Referenzen vorzuweisen." Bei Peter Foerthmann in Hamburg sind wir fündig geworden: „Pedro" haben wir Pagenas Windpilot Pacific getauft, eine Windfahnen-Selbststeueranlage des „Mikro-Weltmarktführers" (http://www.windpilot.com). Die Windpilot Pacific ist ein ebenso formschönes wie genial konstruiertes Gerät, für dessen Montage wir gerne unsere Badeleiter zur Seite versetzen. Die große Badeplattform am Heck der Pagena ist geradezu prädestiniert für die Montage einer Pacific. Unser Abholtermin bei Peter Foerthmann dehnte sich unversehens in eine lange Unterhaltung aus und wir verließen die Werkstatt nicht nur mit genauer Montage- und Bedienanleitung sowie vollständigem Zubehör, sondern auch mit vielen nützlichen Tipps und Kontakten eines echten Salzbuckels - rundum glücklich!
Aber Pedro ist nicht das einzige äußerst nützliche Windkraft-betriebene Gerät, das wir an Bord haben: Ganz in der Nähe der Windpilot wird „Jenny", ein weiteres
technisches und optisches Schmankerl dafür sorgen, dass wir größere Teile unseres Energiebedarfs an Bord aus Windkraft decken können: der raffinierte Windgenerator von Superwind (www.superwind.com). Superwind baut die unserer Meinung nach besten Windgeneratoren, denn sie sind
besonders leise und sturmsicher. Wenn es zu stark bläst, verstellt der Superwind automatisch seine Rotorblätter um den Widerstand zu verringern. Auf der Passatroute, meist mit Wind von achtern, also
relativ geringem scheinbaren Wind, wird uns dieser zweite Vorteil allerdings vermutlich selten begeistern. Die geringe Geräuschentwicklung des Windgenerators hingegen wird nicht nur uns zu Gute
kommen, sondern auch allen Nachbarn an Anker-plätzen. Denn wir haben oft genug gehört, dass es bei der Wahl eines guten Ankerplatzes nicht nur darauf ankommt, möglichst geschützt vor Seegang und
Fallwinden zu liegen und genügend Platz zum Schwojen zu haben, sondern auch die Geräuschkulisse zu berücksichtigen, die von benachbarten Schiffen ausgeht.
Wind ist natürlich auch das Element, das uns überhaupt erst Segeln lässt. Naturgemäß ist man beim Segeln Wind und Wetter quasi „ausgeliefert". Wahrscheinlich ist es dieses Gefühl der
Alternativlosigkeit, das unser Inte-resse an Wetterseminaren nährt. So kam es uns gerade recht, dass sich die Tour in den Norden mit dem Besuch des Seminars von WetterWelt in Kiel kombinieren ließ.
Erfahrene Segler sagen, dass man dem Wetter mit einem Segelschiff nicht ausweichen kann, es also nehmen muss, wie es kommt. Jimmy Cornell rät in seinem Buch „Sehnsucht nach der See", Fazit dreier
Weltumseglungen, man solle abwarten bis der Wind aus der richtigen Richtung bläst und dann auslaufen. Informationen über Windrichtung und -stärke, Wellenhöhe sowie den Luftdruck werden wir ganz
bequem von WetterWelt in Form sogenannter Grib-Daten passgenau für das jeweils bevorstehende Seegebiet an Bord geliefert bekommen. Die WetterWelt um Dr. Meeno Schrader ist für die Sport- und
Berufsschifffahrt einer der führenden Anbieter von Seewetterdienstleistungen in Europa, die im Bereich Regattaberatungen (Routing, Rekordfahrten, America's Cup, Olympiaden usw.) international hohes
Ansehen genießt. (www.wetterwelt.biz)
Wir sind also bestens gerüstet, um mit Hilfe dieser Wetterinfos und durch eigene Beobachtung zum rechten Zeitpunkt auszulaufen, die passende Segelgarderobe zu wählen,
und die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Gerade in den Tropen werden wir regelmäßig kleine Gewitterfronten, sogenannte „Squalls" erleben. Wir freuen uns auf diese Herausforderung,
gleichwohl wir wissen, dass wir gelegentlich gegen Wind, Wellen und Müdigkeit ankämpfen, Krisen meistern und Ängste überwinden müssen!
Bei einem ausführlichen Beratungsgespräch bei HanseNautic haben wir schließlich die erste Hälfte der geplanten Reise mit dem Finger auf Stapeln von Seekarten
abgesegelt. (www.hansenautic.de). Übersegler in Form klassischer Seekarten werden uns Orientierung auf den Ozeanen geben. Auch
Ansteuerungskarten für die wichtigen Häfen werden wir in Papierform an Bord haben, um stets sicher navigieren zu können. Dazu die jeweiligen Revier-führer und sonstige nautische Literatur - da kommt
ein ganz schöner Papier-berg zusammen. Parallel zu den klassischen Seekarten werden wir natürlich auch elektronische Navigationsprogramme auf dem Bord-PC nutzen. Auf dem Monitor werden die
GPS-Position, die Grib-Daten von Wetterwelt und die Daten des AIS-Transceivers in die elektronische Seekarte eingeblendet.
Es ist herrlich, unsere Vorfreude mit all diesen Informationen und Karten zu nähren. Wenn wir erstmal Zeit haben, alles im Detail zu studieren, die Routen und die Landaufenthalte im Detail zu planen,
das wird großartig! Die Beratung von HanseNautic war klasse und wir danken für den kompetenten und unauf-dringlichen Rat, den wir bekommen haben.
Als Gesundheitsvorsorge haben wir begonnen, unsere Impfungen aufzu-frischen und unsere Bordapotheke zusammenzustellen. In Sachen möglichst gesunder und schmackhafter Ernährung, fern von den gewohnten Super-märkten, erproben wir uns im Brotbacken und kochen verschiedene Gerichte mit dem Schnellkochtopf ein, die bei Raumtemperatur im Wohnzimmer ge-lagert werden. So probieren wir aus, ob wir alles richtig machen und von welchen Vorratsbehältern wir noch mehr brauchen. Mitgliedschaften und Abonnements, die wir nicht mehr nutzen können, werden gekündigt, solche, die die Reise betreffen, neu abgeschlossen.
Bezüglich des COPLARE-Projekts werden im Hintergrund Informationen gesammelt und Kontakte geknüpft, auch wenn wir darüber derzeit wenig berichten. Die Satzung ist fast fertig, in Kürze wird sie rechtlich geprüft bald darauf wird die Gründungsversammlung des Vereins stattfinden. Wollen Sie nicht auch Mitglied werden? Wir würden uns freuen von Ihnen zu hören!
Fazit: Auch wenn wir im Februar viel erledigt haben, bleibt immer noch viel zu tun. Im März gibt's wieder einen neuen Bericht.
Dezember 2010 / Januar 2011
Schiffsausrüstung und Reiseplanung im Winter
Pagena verharrt bei den Minusgrade der letzten Wochen ohne zu Murren dicht an dicht mit anderen Schiffen auf ihrem Außenplatz. Zwei Plastikplanen schützen das Deck vor Regen, Schnee und Eis, müssen aber regelmäßig abgeschüttelt werden, um nicht unter der Last kaputt zu gehen. Auch wenn das Schiff innen beheizt werden kann, sind momentan nur wenige Arbeiten möglich, da sich viele Materialien bei diesen Temperaturen nicht gut verarbeiten lassen. Aber es gibt genügend Aufgaben, die sich auch bei diesem Wetter erledigen lassen: Viele Teile der Schiffsausrüstung fehlen uns ja noch und wir müssen erst einmal herausfinden, was genau wir wirklich brauchen, was das kostet und was davon wir uns auch leisten können.
Letztlich sind wir darüber nicht betrübt, denn der Verzicht auf Bequemlichkeit und vordergründigen Komfort sowie die Suche nach günstigen Alternativen gehören ja mit zur Reiseidee. Auch die kommenden Jahre werden wir quasi Tag für Tag mit der Grundfrage konfrontiert: „Was ist wichtig und auf was können wir getrost verzichten". Die jetzigen Übungen machen uns fit für die Reise. Jedes Mal wenn eine neue Lösung gefunden ist, freuen wir uns - auch wenn der Weg dahin manchmal beschwerlich ist. Regelmäßig kommt uns der Spruch in den Sinn: „Es gibt immer einen Weg - man muss ihn nur finden!"
Derzeit beschäftigt sich Joachim zum einen mit dem äußerst facettenreichen Gerätekonzept für Kommunikation und Navigation an Bord. Es sind geschätzt an die 30-40 Komponenten die ausgesucht werden müssen und für die geklärt werden muss, was das einzelne Gerät kann, wo seine Leistungsgrenzen sind, wie es sich vernetzen lässt, wo Unverträglichkeiten bestehen, wie die Notfall-Lösung aussieht, wenn es ausfallen sollte, wie viel Strom es braucht und so weiter und so fort.
Ein prima Sparringpartner ist für uns die Firma Thiecom, bei der es neben den erforderlichen Hardware-Komponenten auch kompetente Beratung gibt. Auch bei Conrad Elektronik werden wir regelmäßig fündig. Und wir freuen uns jetzt schon auf den Bord-PC, den ein Freund gerade „custom made" für uns zusammen baut.
Eine Reihe sehr brauchbarer Ideen und Kommentare zu unseren Ausrüstungs-ideen haben wir kürzlich von Olaf und Daniela Berlinger von Marblu bekommen(www.marblu.de), mit denen wir uns in Stuttgart verabredet hatten. Wie wird das sein auf See und an den Ankerplätzen, worauf müssen oder dürfen wir uns vorbereiten? Ihre Revierinfos und Erzählungen über die internationale Gemein-schaft der Fahrtensegler helfen uns enorm beim vorausschauenden Denken und Planen. Bereitwillig haben die Beiden uns stundenlang erzählt, Fotos gezeigt und Fragen beantwortet. Es ist toll zu erfahren, dass es diesen Zusammenhalt unter Seglern gibt.
Susanne übt sich derzeit im energiesparenden Kochen mit dem Schnellkoch-topf. Diese Kochweise ist auch jedem an Land zu empfehlen: das Essen behält viel mehr Aroma als im normalen Topf, ist schön schnell fertig und mit dem Schnellkochtopf kann man weit mehr anstellen, als nur Pellkartoffenln zu garen! Joachim, der sich beruflich mit Energieeffizienz beschäftigt, ist fasziniert von der Energieeinsparung des Schnellkochtopfs und begeistert vom leckeren Essen. Außerdem beschäftigen sie Gesundheitsaspekte, die vor uns während der Reise zu bedenken sind, die Ausrüstung der Schiffsapotheke und diverses Adminis-tratives (Anmeldungen, Abmeldungen, Visa etc. pp.) und die Suche nach der optimalen Schiffs-Versicherung.
Warm ums Herz wird uns bei der Planung der Schiffsbeschattung auf See und am Ankerplatz in den Tropen, beim Blättern in Revierberichten, die Fotos von einsamen Buchten, Palmenstränden oder bergigen Inseln zeigen - und dann wären wir am liebsten schon unterwegs.
November 2010, Treffen mit dem Meeresschutz-Experten des NABU
Kürzlich haben wir in Hamburg Dr. Kim Cornelius Detloff, den Meeresschutz-Experten des NABU getroffen. Eines der von ihm betreuten Programme trägt den Namen „Meere ohne Plastik". Zusammen mit den Fachbehörden des Bundesumweltministeriums und wissenschaftlichen Instituten arbeitet der NABU an der Problematik der vermüllten Meere.
Kim Detloff findet die COPLARE-Initiative prima und versucht Synergien zu bilden, um Lösungen für die sukzessive Beseitigung des Problems Plastikmüll im Meer zu entwickeln. Denkbar wäre beispielsweise, dass wir auf unserer Reise nützliche Daten oder Proben für die Wissenschaftler sammeln. Auch er sieht in Plastikmüll einen Sekundär-Rohstoff, für den Wege gefunden werden müssen, wie er gesammelt, fachmännisch sortiert und stofflich verwertet oder noch besser, wieder in den Stoffkreislauf integriert werden kann.
Durch den NABU haben wir einen interessanten Hinweis darauf bekommen, warum der Anteil an kleinen Plastikteilchen in den Ozeanen so riesig ist: Auf hoher See ist es der Schifffahrt entsprechend des MARPOL-Abkommens in den meisten Gebieten erlaubt, Lebensmittel- und Abfälle wie Glas, Metall, Pappe oder Holz über Bord in das Meer zu entsorgen. Auf Schiffen der Berufsschiff-fahrt sind üblicherweise Schredder vorhanden, welche die Abfälle zerkleinern, bevor sie über Bord gehen. Leider kommt es immer wieder vor, dass in den Shredder nicht nur die oben genannten Abfälle gelangen. Auch Kunststoff-abfälle werden geschreddert und ins Meer entsorgt. Zerkleinert verlieren sie ihr Auftriebsvolumen und gehen in bewegter See meist schnell und unbemerkt in den Weiten des Meeres unter. Aus den Augen, aus dem Sinn - und das Problem „Abfallentsorgung an Bord" ist ein gutes Stück kleiner geworden.
Der Grund für diese Praxis ist relativ simpel: Die Abfallentsorgung in den Häfen ist sehr uneinheitlich bezüglich der Logistik und Gebührenordnung. Je nach Hafen und Land muss die Berufsschifffahrt für die Abfallentsorgung bis zu mehreren hundert Euro in den Häfen bezahlen, je nach Bruttoregisterzahl und Abgabegewicht. Vor diesem Hintergrund kann man das oben genannte Handeln zwar nicht gutheißen, aber doch verstehen. Der Fehler liegt offen-
sichtlich im System: Kunststoff-Abfall wird als Entsorgungslast behandelt und nicht als Sekundär-Rohstoff. Der Frage, ob sich das ändern lässt, werden wir uns weiter widmen.
28.10.2010, Post aus Bogota
Nachdem diese Webseite seit ca. 14 Tagen online ist, haben wir Kontakt zu Andreas Froese aufgenommen. Wir freuen uns sehr über folgende Antwort, die er uns postwendend schickte:
Bogota, 28.10.2010
Hola Susanne und Joachim,
vielen Dank für die mail. Ich bin im Moment in Kolumbien. Natürlich finde ich es prima, wenn Sie auf Ihrer Reise nicht nur auf das Plastikproblem aufmerksam machen sondern auch zusammen mit mir auf jeder Station einen Wassertank oder Häuser hinterlassen würden und mehr Menschen in unserer Technik ausbilden.
Wir sollten also zusammen darüber nachdenken, was der beste Weg ist, damit ihre Reise den größten Erfolg hat.
Viele Grüsse aus Bogota,
Andreas Froese
Eco-Tec Soluciones Ambientales
Ist diese mail nicht wunderbar?! Wir haben uns jedenfalls riesig darüber gefreut. Dass man Andreas Froeses Technik nicht nur Häuser sondern auch Wassertanks bauen kann, haben wir noch gar nicht erwähnt. Doch es stimmt, wir haben auch darüber Videos und Fotodokumentation auf seiner Homepage gesehen. Jetzt müssen wir Wege finden, wie wir den Erfahrungsaustausch mit ihm am Besten organisieren.
Der erste Schritt ist gemacht, Coplare gewinnt mit Herrn Froeses Zusage den ersten Experten für's Netzwerk und die Idee gewinnt an Kontur. Wir werden berichten wie es weiter geht!
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